Publikationen
Forschen mit Folgen – Ein Erfahrungsbericht zu Methoden und Konsequenzen des subjektorientierten Forschungshandelns in der Sozialen Arbeit.
In: Rekonstruktive Forschung in der Sozialen Arbeit. Leverkusen: Budrich Academic Press.
Adressat/-innenorientierte Forschung als performativer Akt. Zur Verfertigung der Gedanken im Austausch. Beitrag zur Ad-Hoc-Gruppe ‚Beyond the Narratives: Die Entdeckung unintendierter Folgen sozialer Hilfen im Spannungsfeld von Integration und Ausgrenzung‘.
In: P.-I. Villa Braslavsky (Hrsg.): Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Bielefeld 2022.
‚Und was haben die Co-Forschenden davon?‘ Der Versuch einer standpunktgebundenen Annäherung.
standpunkt:sozial: Partizipative Forschung. Der Forschungsstil mit Konsequenz 33 (1), S. 80-95.
Qualifizierungsprojekt
Enders, K. (i.E.): Forschen mit Folgen – Ein Erfahrungsbericht zu Methoden und Konsequenzen des subjektorientierten Forschungshandelns in der Sozialen Arbeit. Rekonstruktive Forschung in der Sozialen Arbeit. Leverkusen: Budrich Academic Press.
In meiner Forschung unter dem Dach des DFG-Graduiertenkollegs „Folgen sozialer Hilfen“ setze ich mich mit der sog. „soziallagenbezogenen Gesundheitsförderung“ auseinander. „Soziallagenbezogene Gesundheitsförderung“ ist die Bezeichnung für eine gesundheitspolitische Programmatik, die dem sog. „Präventionsdilemma“, d.h. dem Problem der Nicht-Erreichbarkeit benachteiligter Bevölkerungsgruppen mit gesundheitsförderlichen Angeboten, vorbeugend begegnen will. Das Programm setzt dabei auf sozialräumliche Beteiligungsprojekte in der Triade Bewohner*innen des Stadtteils – Vertreter*innen Sozialer Hilfen – akademisch Forschende. Vorbeugende bzw. sozialinvestive Politikansätze dieser Art haben in den letzten zwanzig Jahren in Deutschland an Bedeutung gewonnen (vgl. Brettschneider/Klammer 2020: 63).
Mit meinem ethnografischen Zugangs zum Feld der sozialräumlichen Beteiligungspraxen kann ich zeigen, dass unter der Zielsetzung einer „emanzipatorisch ausgerichteten Weiterentwicklung des deutschen Sozialstaats” (ebd.: 62), akademisch ausgebildete Forschende, die die „Perspektive der Adressat_ innen“ (ebd.: 59) sozialer Hilfen einzufangen wissen, als innovativ gelten und von öffentlichen Mittelgebenden insbesondere aus dem Gesundheitsbereich bevorzugt mit der Umsetzung subjektorientierter Forschung in den „Lebenswelten“ – etwa in armutsbetroffenen und armutsgefährdeten Sozialräumen – beauftragt werden (vgl. GKV Spitzenverband 2018a/b). Die Auswertung zeigt, dass ein programmatisch-normatives Interesse am Nutzen subjektorientierter Forschungsansätze besteht. Die Nützlichkeitsversprechen zeigen sich besonders deutlich in den fortwährenden Verhandlungen von Wirkungsannahmen im Umfeld sozialräumlicher Beteiligungspraxen. Es geht zum einen um den der Beteiligungspraxis zugeschriebenen Nützlichkeitsaspekt, wonach „kollaborative(s) Forschen […] per se bei den beteiligten Bürger*innen bereits einen Prozess des stetigen Empowerments“ (Jünger et al. 2022: 91) zur Folge haben soll. Zum anderen um die Entwicklung passgenauer Hilfen (vgl. z.B. Reutlinger 2020; Hawe 1994), die – so die Wirkungsannahme – durch partizipative Forschung selbst hervorgebracht und daher besser und somit nutzbringender „von der oftmals als schwer erreichbar geltenden Adressat*innengruppe angenommen“ (Jünger et al. 2022:91) werden sollen.
Mit meinen vergleichenden, multiperspektivischen Analysen kann ich zeigen, wie die von dem Programm adressierten Bewohner*innen der benachteiligten Stadtteile, befragt nach den Folgen ihrer Beteiligung, die programmatisch-normativen Nützlichkeitsinteressen im Umfeld
sozialräumlicher Beteiligungspraxen übernehmen und etwa die zugeschriebenen Nutzen „Empowerment“ und „Passgenauigkeit der Angebote“ auf sich anwenden.
Wesentlich für meine Analysen ist die Möglichkeit, in der Rolle der akademisch Forschenden ein sozialräumliches Beteiligungsprojekt zu begleiten, gepaart mit einer stark reflexiven Forschungshaltung (vgl. Ploder/Stadlbauer 2017; Breuer et al. 2019), die es erlaubt, Erfahrungen, die ich in dieser Rolle mache, als wertvolle epistemische Ressource „erkenntnisproduktiv“ (Kühner 2018) zu wenden. Diese Perspektive lässt mich zu dem Schluss kommen, dass die Bewohner*innen der Stadtteile die Forschungsideen der akademisch Forschenden übernehmen, weil sie nicht in der Position sind, diese zu hinterfragen.
Die an diesen Befund anschließende Empfehlung, dass die Rolle der Forschenden bei der Herstellung von Folgen im Forschungsprozess einer explizit reflexiven Betrachtung zu unterziehen sei, bringe ich in die Gestaltung einer „breit angelegten Folgenforschung“ (Dollinger 2020) ein, die den gesamten subjektorientierten Forschungsprozess als machtvolle Wissensproduktion mit seinen Folgen und Nebenfolgen ernst nimmt bzw. die Konstruktivität und Produktivität der eigenen Wirkungs- oder auch Folgenfantasien im Forschungsprozess reflektiert.
Im Verlauf meiner Forschung wurde immer deutlicher, dass eine subjektorientierte Forschung zu Folgen nicht folgenlos bleibt. Sie hat das Potenzial, nicht nur die Sichtweisen der Beforschten, sondern auch der Forschenden selbst radikal zu verändern oder zu erweitern. Das zeige ich, indem ich verschiedene Erfahrungsberichte in den Dialog bringe.
Literatur
Brettschneider, A./Klammer, U. (2020): Vorbeugende Sozialpolitik: Grundlinien eines sozialpolitischen Forschungsprogramms. FGW-Studie Vorbeugende Sozialpolitik 01. Düsseldorf.
Breuer, F./Muckel, P./Dieris, B. (2019): Reflexive Grounded Theory: Eine Einführung für die Forschungspraxis (4. Aufl.). Wiesbaden: Springer Fachmedien.
Dollinger, B. (2020): Folgen der Nutzung sozialer Hilfen: Argumente für eine Nutzer-orientierte Folgenforschung Sozialer Arbeit. Zeitschrift für Sozialpädagogik, 18, S. 417–431.
GKV-Spitzenverband (2018a): Ergebnisbericht – Evidenzlage kommunaler Strategien der Prävention und Gesundheitsförderung: Eine Literatur- und Datenbankrecherche (Rapid Review). Berlin.
GKV-Spitzenverband (2018b): Ergebnisbericht – Strategien der Erreichbarkeit vulnerabler Gruppen in der Prävention und Gesundheitsförderung in Kommunen: Ein Scoping Review. Berlin.
Hawe, P. (1994): Capturing the meaning of ‚community‘ in community intervention evaluation: some contributions from community psychology. Health Promotion International, 9, S. 199–210.
Jünger, S./Marcus Kutschmann, M./Silke Betscher, S./Falge, C. (2022): Forschen mit und für Communities – Wissenschaft diversitätssensibel gestalten. In: Department of Community Health (Hrsg.): Community Health: Grundlagen, Methoden, Praxis. Weinheim: Beltz Juventa, S. 84-97.
Kühner, A. (2018): Jenseits der Kontrollfiktion: Mut und Angst als Schlüsselelemente erkenntnisproduktiver Reflexion in Forschungsprozessen. In: A. Brehm/J. Kuhlmann (Hrsg): Reflexivität und Erkenntnis: Facetten kritisch-reflexiver Wissensproduktion. Forum Psychosozial. Gießen: Psychosozial Verlag, S. 99-118.
Ploder, A./Stadlbauer, J. (2017): Starke Reflexivität: Autoethnografie und Ethnopsychoanalyse im Gespräch. In: J. Bonz/K. Eisch-Angus/ M. Hamm/A. Sülzle (Hrsg): Ethnografie und Deutung: Gruppensupervision als Methode reflexiven Forschens. Wiesbaden: Springer VS, S. 421-438.
Reutlinger, C. (2020): Authentizität und Passung: Den Motivlagen mitagierender Sozialraumforschung auf der Spur. In: F. Eßer/C. Schär/ S. Schnurr/W. Schröer (Hrsg): Partizipative Forschung in der Sozialen Arbeit: Zur Gewährleistung demokratischer Teilhabe an Forschungsprozessen. Neue Praxis Sonderheft, Bd. 16, S. 144-156.
Curriculum Vitae
2018 –2020
Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Programmbereich „Forschung und Evaluation“ bei FOGS – Gesellschaft für Forschung und Beratung im Gesundheits- und Sozialbereich mbH/ Köln
2016 – 2018
Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Projekt „Gesundheitskompetenz von Risikopersonen – Von der Information zum Handeln (RisKomp)“ im Forschungsbereich Gesundheitskompetenz von ceres/ Köln
2016 – 2018
Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Bereich Forschungsdokumentation am Zentrum für familiären Brust- und Eierstockkrebs an der Uniklinik/ Köln
2011 –2016
Projektleitung Medienanalyse bei Unicepta GmbH/ Köln
2014 –2016
Dozentin für Marktforschung/PR-Evaluation an der Westdeutschen Akademie für Kommunikation e.V./ Köln
2009 –2011
Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Programm „System und Steuerung“ am Deutschen Institut für Erwachsenbildung e.V./ Bonn
2006 – 2009
Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Teilprojektes „Mediale Integration ethnischer Minderheiten“ am DFG-Forschungskolleg „Medienumbrüche“/ Siegen
2006 – 2009
Master of Arts in Sozialwissenschaften an der Heinrich-Heine-Universität/ Düsseldorf
2003 – 2006
Bachelor of Arts in Social Science/ Media Studies an der Universität Siegen/ Siegen
2000 – 2002
Ausbildung zur Werbekauffrau (IHK)